SCHWARZ AUF WEISS

Aloisia Föllmer
zur Ausstellung SCHWARZ AUF WEISS
Kunsthaus Klüber Weinheim, September 2021

(…) Die Künstlerin begann ihre Malerei mit der figürlichen Darstellung. 
Danach verlegte sich ihr malerischer und zeichnerischer Schwerpunkt auf die Bewegung des Körpers, woraus sich die bewegte abstrakte Form entwickelte.

Ihre Bilder setzen meist wuchtige dunkle und neuerdings zunehmend farbliche, gestische Akzente.
Dabei werden die Hauptformen, die auch ihre Vorliebe für die Schrift offenbaren, oft von intuitiv gesetzten zarten Linien oder von subtil verlaufenden Farben umspielt. 

Auf den ersten Blick erscheinen die Arbeiten in ihrer Anlage klar. Sie werden von linearen, flächigen oder auch plastisch anmutenden abstrakten Formen bestimmt, die keiner Regel, keinem Muster gehorchen, sondern frei und in der Regel ohne gegenständlichen Bezug zu sein scheinen. 

Sie können waagerecht bzw. diagonal ausgerichtet sein oder sie verkörpern geballte, kreisförmige Energie. Ihre amorphe Erscheinung ist vehement und verdichtet.
Sie werden vor neutralem hellen Bildgrund als schwebende, hängende oder das Bild durchziehende, unregelmäßige, dunkle Farb-Spuren erlebt, die bisweilen Durchblicke wie durch ein Gitter zulassen. 

Die Bildsprache der Künstlerin verdankt sich ihrer besonderen Vorgehensweise. 
So greift Sonja Koczula immer wieder auf Fotografien von Zeitungen, Illustrierten und Reklameblättern zurück und lässt sich intuitiv von ihnen anregen. 
Sie erkennt in ihnen lineare bzw. flächige Formen, isoliert sie, indem sie sie diese mit schwarzer Farbe übermalt und umgibt sie mit der für ihre Bilder so typischen weißen Farbe. 

Auf diese Weise hat sie ein ganzes Erinnerungs-Archiv von skizzenhaften Formen angelegt. Von diesem lässt sie sich regelmäßig anregen, und vergrößert bzw. überträgt die Formen schließlich auf Papier oder Leinwand. 

Eine Besonderheit in dieser Ausstellung stellen die kleinformatigen Arbeiten auf Büttenpapier dar, welche Schattenrissen ähneln. Sie zeigen die Vorliebe der Künstlerin für die serielle Darstellung, dafür, wie sie sagt, „gleichzeitig Entstandenes auch gleichzeitig zu zeigen“. 
Ihre Vorliebe für transparente Bildgestaltungen erreicht sie durch den Einsatz von Bienenwachs. 
Diese Arbeiten belegen, dass Sonja Koczula sich zu ihren freien Formen auch von gegenständlichen Motiven anregen lässt. 
In ihrem fragmentarischen Charakter und trotz ihrer eindringlichen Präsenz bleiben die Formen in der Regel andeutungshaft und geheimnisvoll. 
Immer schwingt für den Betrachter Vertrautes und Unvertrautes gleichermaßen mit. 

Da die Künstlerin auf visuelle Anregungen zurückgreift, ist ihre Malerei nicht als reine spontane Äußerungen zu verstehen. Vielmehr basiert sie auf rationaler Planung ergänzt durch Intuition, Impulsivität und Kontrolle. 
Die Bilder machen den Bildherstellungsprozess bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar. Sie vereinen Grafisches und Malerisches, beruhigte Flächen mit einem beunruhigenden Mal- und Zeichengestus. 

Die Farben sind auf diesen Bildern, welche in Acryl- und Ölfarbe, mit Schellack, Tusche sowie mit Bunt-, Wachs- und Pastellstiften gemalt und gezeichnet sind, überall und verleihen den Bildern Lebendigkeit. Selbst die sperrigen und oft angeschnittenen dunklen Farbspuren weisen deutliche Farbtöne auf.

Alle Gemälde basieren auf bis zu sechs Farbschichten.
Danach beginnt der redundante Prozess des Übermalens, indem mehrere weiße Farbschichten über die bunten Farben gelegt werden. 
Hierdurch wirken die großen Formen wie eingebettet im hellen malerischen Hintergrund, der sie wie eine sanfte Grundmelodie umgibt.

Dennoch suggerieren die dynamischen Formen sowohl die Verschmelzung mit dem Bildgrund wie auch die sanfte Loslösung von ihm. 
Die Tatsache, dass die Ränder der Formen nicht klar konturiert sind und die Oberflächen leicht brüchig und porös erscheinen, verleiht den Bildern einen Hauch von Morbidität. 

Assoziationen an verwitterte Oberflächen werden wach, so dass die Bilder von Sonja Koczula in einem Zustand zwischen Erscheinen und Entschwinden erlebt werden. 

Die Künstlerin tritt hinter ihren Arbeiten ganz zurück. Und dennoch wirken diese wie Innenbilder, die als gemalte, angehaltene Augenblicke Vergänglichkeit und Melancholie atmen.   

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